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Stadtberichte – Die Herstellung von Sicherheit in der Praxis dreier deutscher Großstädte

Innerhalb des Forschungsprojektes DynASS wurden u.a. drei Studien zur Wahrnehmung und Herstellung von Unsicherheit und Sicherheit in Leipzig, Hamm und Nürnberg durchgeführt. An sechs Orten bzw. kleineren Gebieten innerhalb dieser Städte wurden die jeweils relevanten Akteursnetzwerke und die praktizierte Sicherheitspolitik eruiert und in ihren Bezügen zum städtischen Leben sowie den daraus resultierenden Wechselwirkungen zur städtischen Sicherheit dargestellt. Mit den „Stadtberichten“ zu Leipzig, Nürnberg und Hamm wurden die Ergebnisse dieser Studien vorgelegt.

Stadtberichte Sicherheitsproduktion

Die Ergebnisse werden in den Berichten als drei als Fallgeschichten dargestellt. Im Zentrum stehen die lokalen Sicherheitsproduktionen im Kontext städtebaulicher, wirtschaftlicher, sozialer und weiterer relevanter Entwicklungen.

Stadtbericht Hamm – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 7,5 MB

Stadtbericht Nürnberg – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 3,5 MB

Stadtbericht Leipzig – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 4,5 MB

Die Stadtberichte zielen nicht auf einen Vergleich und schon gar nicht auf ein Ranking der Städte oder der Untersuchungsorte. Herausgearbeitet werden vielmehr deren eigene „Geschichten“. An diesen „Geschichten“ wird erkennbar, wie unterschiedlich sich jeweils Faktoren unter verschiedenen Rahmenbedingungen auf Sicherheit und Sicherheitsherstellung auswirken können: Was in einem Stadtteil bzw. einer Stadt in Bezug auf die Herstellung von Sicherheit funktioniert, tut es in einem anderen Stadtteil oder einer anderen Stadt noch lange nicht.  Die Berichte sind insoweit als empirisch fundierte Beiträge zu den jeweiligen städtischen Sicherheitsdiskursen zu betrachten.

Stadtbericht HammHamm stand als „kleine Groß­stadt“ mit einem gro­ßen Sied­lungs­ge­biet in Fokus der Unter­su­chung in der die Gebeite des Ham­mer Nor­dens und des Ost­rings als Unter­schungs­räume näher betrachtet wur­den.

Die all­tags­sprach­lich ver­wen­dete Bezeich­nung „Ham­mer Nor­den“ bezieht sich auf ein Stadt­ge­biet, dessen Sozi­al­struk­tur durch einen hohen Anteil an Ein­woh­nern geprägt ist, die Trans­fer­ein­kom­men bezie­hen. Dar­un­ter sind viele Allein­er­zie­hende und kin­der­rei­che Fami­lien. Der Anteil der Bevöl­ke­rung mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund liegt mit 16% über dem gesamt­städ­ti­schen Durch­schnitt. Der Ham­mer Nor­den blickt auf eine 20jährige bewegte Geschichte im Rah­men des Pro­gramms „Soziale Stadt“ zurück, die die Akteurs­netz­werke und Sicher­heits­bil­der prägte.

Wesentlich kleinräumiger zeigt sich das Untersuchugnsgebiet des Ostrings als Teil der Ring­an­la­gen, in denen mit den typi­schen Pro­blem­si­tua­tio­nen einer inner­städ­ti­schen Grün­flä­che umzu­ge­hen ver­sucht wird. Nach­dem der Grün­gür­tel in den 1980er und 1990er Jah­ren pla­ne­risch und pfle­ge­risch ver­nach­läs­sigt wurde, fin­den seit 2005 auf Grund­lage eines Entwicklungs- und Gestal­tungs­kon­zep­tes suk­zes­sive Auf­wer­tungs­maß­nah­men der Park­an­lage statt.

In der Sicherheitsarbeit Hamm wird ein quartiersbezogener Schwerpunkt deutlich und die Umsetzung findet effektiv in verschiedenen sozial-räumlichen Bezügen dezentral in der Stadt statt. Das Beispiel des Hammer Nordens zeigt eine fast autarke Sicherheitsarbeit, in der die lokal verorteten bzw. zuständigen Akteure in hohem Maße eigenständig handeln können. Dies ist das Ergebnis des langen, fast zwanzigjährigen Prozesses, in dem sich die Akteure vor Ort als verlässliche Partner beweisen konnten. Dementsprechend werden ihnen durch die Entscheidungsträger des formellen Systems (Politik, Amtsleitungen, Polizeiführung) offiziell und inoffiziell weite Freiräume zugestanden. Eine solche Arbeitsweise wird durch die Rahmenbedingungen in der Stadt Hamm stark begünstigt und es entsteht ein engmaschiges informelles System, das parallel zum formellen System die gemeinsame Arbeit prägt. Zudem wurden die im Hammer Norden gemachten Erfahrungen mit quartiersbezogener (Sicherheits-)Arbeit inzwischen auch auf den Umgang mit allen anderen Stadtteilen ausgedehnt. Der Hammer Norden wurde so zum Lernmodell für einen Wandel in der Maßstabsebene von Sicherheitsproduktion.

Stadtbericht Hamm – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 7,5 MB

Stadtbericht Nürnberg

In Nürnberg wurde das Quartier „Fuggerstraße“ und der Verkehrsknotenpunkt „Am Plärrer“ genauer untersucht. Bei der „Fuggerstraße“ handelt es sich um einen überwiegend gewerblich genutzten Straßenzug in St. Leonhard/Schweinau, einem Stadtteil mit verschiedenen infra- und sozial-strukturellen Belastungen. Der boomende Gebrauchtwagenhandel in der Fuggerstraße mit überwiegend osteuropäischer Kundschaft führte ab etwa 2003 zu Störungen im öffentlichen Raum. Das Entstehen von „Billigpensionen“, „wildes Urinieren“ u.ä. wurden 2005 als Ursachen für die in einer Bürgerbefragung festgestellte Verunsicherung der Bewohner von St. Leonhard/Schweinau identifiziert. Ein breiter öffentlicher Diskurs entspann sich, der neben den unmittelbaren Problemen in der „Fuggerstraße“ die infra- und sozial-strukturellen Probleme, darüber hinaus aber auch emotional stark grundierte Themen wie Wohnungsprostitution einschloss. Die Folgen des Diskurses über Sicherheit in der Fuggerstraße müssen vor allen in der angestoßenen Diskussion und den Maßnahmen der Stadtentwicklung für das größere Gebiet St. Leonhard/Schweinau gesehen werden.

Der Plärrer ist eines der Wahrzeichen Nürnbergs. Seit Jahren ist dort ein „Trading Down“- Effekt zu beobachten, der sich u.a. in der vermehrten Ansiedlung von Spielhallen zeigt. Zudem wird der laute Platz mit schlechter Aufenthaltsqualität von Drogensüchtigen, Alkoholikern und Obdachlosen als Treffpunkt genutzt. Der Plärrer wird nicht in erster Linie als unsicher wahrgenommen, obwohl man ihn durchaus als Kriminalitäts-Hotspot bezeichnen kann. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte in den informellen Sicherheitsnetzwerken zu sehen sein, die sich aus der Kooperation von Gewerbetreibenden, Hilfsorganisationen und anderen Akteuren entwickelten.

Die Nürnberger Sicherheitsproduktion ist auf den Sicherheitspakt, bestehend aus Ordnungsamt, Polizei und Bürgermeister, ausgerichtet. Dort werden in enger Zusammenarbeit die Sicherheitslage analysiert und entsprechende Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt. Der Sicherheitspakt ist das Zentrum eines breiten behördlichen Netzwerkes. Sicherheit wird vor allem als Dienstleistung verstanden. Es stellt sich die Frage, ob dieser zentralistisch ausgerichtete, zunächst durchaus erfolgreiche Ansatz in der Lage ist, die vorhandenen zivilgesellschaftlichen Potenziale zu nutzen.

Stadtbericht Nürnberg – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 3,5 MB

Stadtbericht Leipzig

In Leip­zig wurden die zwei strukturell ähnlichen loka­len Situa­tio­nen im Leip­zi­ger Wes­ten (Lin­denau) und im Leip­zi­ger Osten (Eisen­bahn­straße) näher unter­sucht. Der Leip­zi­ger Wes­ten wurde als Fall­stu­di­en­ort aus­ge­wählt, da zu Beginn der Unter­su­chung von einer posi­ti­ven Sicher­heits­dy­na­mik aus­ge­gan­gen wurde. Diese Ent­wick­lung – von einem unsi­che­ren zu einem siche­ren Ort – konnte in die­ser Grund­an­nahme nicht bestä­tigt wer­den, da die tat­säch­li­che Kri­mi­na­li­täts­be­las­tung kon­stant geblie­ben ist. Den­noch konnte eine ten­den­zi­ell posi­tive Quar­tier­s­ent­wick­lung fest­ge­stellt wer­den, die sich u.a. auch vor­teil­haft auf die gefühlte Sicher­heits­lage inner­halb der Bevöl­ke­rung aus­ge­wirkt hat – oder zumin­dest als sol­ches kom­mu­ni­ziert wird.

Für den Leip­zi­ger Osten wurde zu Beginn der Unter­su­chung davon aus­ge­gan­gen, dass das Gebiet eine nega­tive Sicher­heits­dy­na­mik – eine Ent­wick­lung von einem siche­ren zu einem unsi­che­ren Ort – auf­weist. Im Ergeb­nis ließ sich diese Annahme nicht bestä­ti­gen, da der Leip­zi­ger Osten zumin­dest auf gesamt­städ­ti­scher Ebene nach wie vor mit Unsi­cher­heits­ge­füh­len und Kri­mi­na­li­tät ver­knüpft wird.

In Leipzig wurden aufgrund der besonderen Konfliktsituation zwischen Polizeipräsident und Stadtverwaltung zur gleichen Zeit gegenläufige Strategien auf verschiedenen Maßstabsebenen verfolgt. Im Leipziger Osten wurde diese Konfrontation besonders augenfällig – hier trafen unter anderem eine liberale Drogenpolitik der Kommune und eine repressive Strategie der Polizei aufeinander. Das Quartier Leipziger Osten wurde zur Arena einer Konfliktsituation auf Ebene der Gesamtstadt, womit produktive Effekte lokaler Sicherheitsproduktion ausblieben. Diese wurden auf Quartiersebene erst wieder durch den pragmatisch orientierten Umgang mit der Situation durch die dortigen Akteure geschaffen. Unter dem Willen, die (Sicherheits-)Probleme des Quartiers zu lösen, versuchten sich die Akteure, deren Institutionen in dem Konflikt beteiligt waren, in inhaltlichen Freiräumen oder auf informeller Ebene weiter in Kooperation mit anderen Quartiersakteuren zu engagieren. Die Maßstabsebenen der städtischen Sicherheitsproduktion waren daher „entkoppelt“ und bestanden parallel nebeneinander.

Stadtbericht Leipzig – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 4,5 MB

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