Auftrag des Projektes DynASS war es, zur Weiterentwicklung der Sicherheitsforschung und zur Sensibilisierung der städtischen Sicherheitsakteure beizutragen. Hierzu zeigte sich vor allem der neue Ansatz des Forschungsprojekts als weiterführend, der es ermöglichte, neue Erkenntnisse zu generieren, die zu einem ganzheitlichen und interdisziplinären Verständnis von lokaler Sicherheitsarbeit führen.
Die im Projekt durchgeführten Workshops, Informationsveranstaltungen und die Tagung sowie die aus dem Projekt entstandenen Publikationen und Fachartikel dienten dazu, die Erkenntnisse an die Zielgruppen aus Wissenschaft und Praxis zu vermitteln. Der Nutzen des Projektes ist in einer Blickschärfung der Zielgruppen zu sehen, die besser als bisher Hintergründe und Zusammenhänge der Sicherheitsarbeit in den Fokus rückt.
Weiterentwicklung der Sicherheitsforschung
Die Erkenntnisse des Projektes stießen bereits während der Erarbeitung und der Schlussphase auf hohes Interesse von Projekten der sozialwissenschaftlichen Sicherheitsforschung aber gleichsam auch von bisher als peripher angesehener Disziplinen wie Kulturwissenschaft oder Ethnologie. Aus der Vielzahl der gewonnen und dokumentierten Erkenntnisse sind vier Themen als besonders geeignet anzusehen, um die Sicherheitsforschung um neue Aspekte zu erweitern:
Erweiterter Betrachtungsrahmen: städtischer Raum
Durch den Bezug auf einen spezifischen städtischen Raum wird im Gegensatz zur sonst häufig eingesetzten thematisch orientierten Behandlung ein neuer Betrachtungsrahmen geschaffen. Dadurch wird der Blick auf alle Akteure geweitet, die innerhalb eines räumlichen Aktionsraums sicherheitsrelevant tätig werden. Die lokale Sicherheitsproduktion wird nicht mehr unter einer begrenzten inhaltlichen Fragestellung, sondern als thematisch breites, ganzheitliches Wirken unterschiedlichster Akteure verstanden: An konkreten Orten treffen unterschiedliche Akteure in variablen Konstellationen aufeinander, die durch ihre jeweiligen Sicherheitsbilder und den daraus resultierenden Handlungen miteinander in Kontakt kommen. Somit bestimmt der Raum den Rahmen und nicht mehr das Thema.
Breiteres Akteursspektrum: lokale Akteurskonstellationen
Dadurch ändert sich auch der Blick auf die Handelnden: Erfasst wird ein Geflecht unterschiedlichster Akteure, die zwar in unterschiedlich engen und direkten Verbindungen stehen, deren Handlungen aber nur gemeinsam zu den beobachtbaren Wirkungen auf die Sicherheitslage führen. Im Gegensatz zu bisherigen Untersuchungsansätzen, die sich häufig auf koordinierte oder verfasste Akteurskonstellationen (Kriminalpräventive Gremien, etablierte Quartiersnetzwerke u.a.) beziehen, kann damit das stärker „chaotische“ Element von Akteursverbindungen erfasst werden, das die Realität der Sicherheitsproduktion jedoch besser abzubilden vermag.
Verbesserter Erklärungsansatz: Rolle von Sicherheitsbildern
Das im Projekt entwickelte Konstrukt der Sicherheitsbilder nimmt in der Erklärung des Zusammenwirkens und der Wahl der Instrumente dabei eine zentrale Rolle ein. Es eignet sich in besonderer Weise, um auch die eher emotionalen und sublimen Einflussgrößen individueller Akteursentscheidungen zu erfassen: Rollenkonflikte, Bauchentscheidungen, subjektive Weltanschauungen lassen sich somit neben fachlich-rationalen Aspekten als gleichermaßen bedeutsame Entscheidungsgründe für Handlungen oder Nicht-Handlungen aufdecken.
Thematische Aufweitung: Offenheit des Sicherheitsbegriffs
Der Ansatz, den Begriff „Sicherheit“ nicht vorab zu konkretisieren – etwa hin auf spezifische Aspekte wie Kriminalprävention, Verbrechensbekämpfung oder Angsträume –, ermöglicht eine inhaltliche Erweiterung der Betrachtung auf dahinterstehende Themen und Akteure. Die Definition des Sicherheitsbegriffs bleibt den untersuchten Akteursgruppen überlassen. Akteure, die sich mit einem eingegrenzteren Begriff nicht angesprochen oder befasst fühlen, können sich unter dem allgemeineren Sicherheitsbegriff besser wiederfinden und ihre Tätigkeiten hierin einordnen. Der offene Sicherheitsbegriff ist zudem hilfreich, um Situationen angemessen analysieren zu können, in denen Sicherheitsprobleme nur als Symptome oder Vehikel anderer Themen gesehen werden müssen.
Die Erkenntnisse sind insbesondere im Rahmen der wissenschaftlichen Abschlusstagung („Das Versprechen der ‚sicheren Stadt‘“, April 2013) sowie der wissenschaftlich ausgerichteten Abschlusspublikation aufbereitet worden.
Sensibilisierung der städtischen Sicherheitsakteure
Das große Interesse von Kommunen als mögliche Fallstudienstädte im Rahmen des Projektes mitzuarbeiten, zeigt den Beratungsbedarf für eine integrierte Sicherheitsproduktion im städtischen Kontext auf. Eine entsprechende auch praxisorientierte Ergebnisproduktion war von Anfang an Zielrichtung des Projektes und erlaubt den städtischen Sicherheitsakteuren über eine Sensibilisierung auf verschiedenen Ebenen einen Fortschritt in der fachbereichsübergreifenden Sicherheitsarbeit.
Sensibilisierung für die Zusammenarbeit: Differenzierung des Akteursspektrums
Insbesondere die in Arbeitspakt 1 entwickelte Akteurstypologie mit ihren differenzierteren und kombinierbaren Beschreibungskategorien für Akteure ist geeignet, zu einem besseren Verständnis der Beteiligten für einander beizutragen. Das Konstruktionsprinzip der Typologie dient gegenüber eindimensionalen und entsprechend unterkomplexen Sichtweisen dazu, den Betrachtungswinkel auf verschiedene Akteure und ihre Funktionen offenzuhalten – Akteure sind häufig nicht nur eindimensional tätig, eine solche Sichtweise vereinfacht die tatsächliche Realität, führt zu Stereotypen und Pauschalisierungen. Ein besseres Verständnis der Motivationen und Handlungslogiken des Gegenübers ist dagegen die Grundlage für eine kooperative städtische Sicherheitsproduktion.
Sensibilisierung für die eigene Tätigkeit: Einflussgrößen auf die Sicherheitslage
Der erweiterte Sicherheitsbegriff rückt auch die sonst nur als mittelbar kriminalitätsorientiert verstandenen Ansätze in den Blickwinkel. Da eine nachhaltige Sicherheitsarbeit jedoch erst durch die Verknüpfung kriminalitätsorientierter und sozialer Strategien und Maßnahmen möglich wird, ist das Zusammenwirken unterschiedlicher Fachgebiete bedeutsam. Die Ergebnisse verdeutlichen, auf vielfältige Weise, die Relevanz dieser – nicht als sicherheitbezogen begriffenen – Handlungen und schaffen bei den Akteuren ein Verständnis bezüglich ihrer manchmal unbewussten Rolle in der städtischen Sicherheitsproduktion.
Sensibilisierung für die Produktion: Analyse der Sicherheitsproduktion in den Fallstudienstädten
Die Analyse der Sicherheitsproduktion in den Fallstudienstädten Leipzig, Nürnberg und Hamm ist in den drei Fallstudiendokumentationen differenziert dargestellt und in seinen Entstehungsbedingungen analysiert. Aus dieser vertieften Betrachtung ist es nicht nur den beteiligten Städten möglich, ihre Formen der Sicherheitsproduktion zu optimieren, sondern auch Entscheidungsträger anderer Städte werden durch die Aufbereitung angeregt, die eigene Sicherheitskultur zu reflektieren. Dazu trägt unter anderem auch die kostenlose Verfügbarkeit der Berichte auf der Projekthomepage bei. Zudem wurden konkrete Modelle einer stärker integrierten städtischen Sicherheitsproduktion entwickelt.
Die Erkenntnisse sind insbesondere im Rahmen der Fallstudienstadtberichte sowie der Workshops und Vorträge vermittelt worden. Darüber flossen diese Inhalte auch direkt in die Lehre an den beteiligten Hochschulen ein und erweiterten das eigene Fachverständnis von Studierenden in den Studiengängen Urban Management (Master), Stadt- und Regionalplanung (Bachelor und Master), Verkehrswesen (Bachelor und Master) sowie Sicherheitsmanagement (Bachelor und Master), gehobener und höherer Polizeivollzugsdienst (Bachelor und Master) über spezifische Veranstaltungen und Abschlussarbeiten.