Hamm stand als „kleine Großstadt“ mit einem großen Siedlungsgebiet in Fokus der Untersuchung. Folgen des Strukturwandels und der räumlichen und sozialen Anpassung können in Hamm nachvollzogen werden. Aber auch die besonderen Konstruktionsbedingungen enger Netzwerke in einer weniger anonymen Verwaltungsstruktur zeigen sich hier. Der Hammer Norden und der Ostring wurden als Unterschungsräume näher betrachtet.
Untersuchungsraum Hammer Norden
Die alltagssprachlich verwendete Bezeichnung „Hammer Norden“ bezieht sich auf ein ca. 370 ha großes Stadtgebiet nördlich der Lippe, das sowohl den Stadtteilen Bockum-Hövel als auch Heessen zugeordnet ist. Im darin liegenden Untersuchungsgebiet leben heute ca. 13.000 Einwohner. Die Sozialstruktur ist durch einen hohen Anteil an Einwohnern geprägt, die Transfereinkommen beziehen. Darunter sind viele Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt mit 16% über dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Der Hammer Norden blickt auf eine 20jährige bewegte Geschichte im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ zurück, die die Akteursnetzwerke und Sicherheitsbilder prägte.
Untersuchungsraum Ostring
Die Ringanlagen in der Hammer Innenstadt umrahmen den mittelalterlichen Stadtkern von Hamm. Nachdem der Grüngürtel in den 1980er und 1990er Jahren planerisch und pflegerisch vernachlässigt wurde, finden seit 2005 auf Grundlage eines Entwicklungs- und Gestaltungskonzeptes sukzessive Aufwertungsmaßnahmen der Parkanlage statt. Der Ostring mit der historischen Anlage einer Lindenallee bildete den Schwerpunktraum der Untersuchung, in dem mit den typischen Problemsituationen einer innerstädtischen Grünfläche umzugehen versucht wird.
Ein quartiersbezogener Schwerpunkt der Sicherheitsarbeit wird Hamm deutlich und findet effektiv in verschiedenen sozial-räumlichen Bezügen dezentral in der Stadt statt. Das Beispiel des Hammer Nordens zeigt eine fast autarke Sicherheitsarbeit, in der die lokal verorteten bzw. zuständigen Akteure in hohem Maße eigenständig entscheiden und handeln können. Dies ist das Ergebnis des langen, fast zwanzigjährigen Prozesses, in dem sich die Akteure vor Ort – allem voran Präventiv- und Arbeitskreis – als verlässliche Partner beweisen konnten. De facto gab es in den Augen der Akteure bisher keine Situation, die das System des vornehmlich informellen Zusammenarbeitsprinzips im Hammer Norden in Frage gestellt hätte. Dementsprechend werden ihnen durch die Entscheidungsträger des formellen Systems (Politik, Amtsleitungen, Polizeiführung) offiziell und inoffiziell weite Freiräume zugestanden. Eine solche Arbeitsweise wird durch die Rahmenbedingungen in der Stadt Hamm stark begünstigt: Eine überschaubare Stadtgröße, eine häufig stark mit der Stadt verbundene eigene Identität, lange Wohndauer häufig schon seit der Kindheit und ein breites Vereinsleben schaffen die Basis für ein engmaschiges informelles System, das parallel zum formellen System die gemeinsame Arbeit prägt. Zudem wurden die im Hammer Norden gemachten Erfahrungen mit quartiersbezogener (Sicherheits-)Arbeit inzwischen auch auf den Umgang mit allen anderen Stadtteilen ausgedehnt. Der Hammer Norden wurde so zum Lernmodell für einen Wandel in der Maßstabsebene von Sicherheitsproduktion.
Stadtbericht Hamm – Die Praxis der Sicherheitsproduktion
PDF, 3,5 MB (in Kürze verfügbar)